„Eine Abtreibung macht dich nicht unschwanger, sondern zur Mutter eines toten Kindes“

Von Priester Constantin Sturzu

Zum Thema Recht auf Leben bzw. zum „Recht“ auf auf Tötung (euphemistisch Abtreibung genannt) ist meiner Meinung nach so ziemlich alles geschrieben worden, was geschrieben werden konnte. Fast alle Argumente, die jedes Lager vorbringen könnte, alle möglichen Perspektiven auslotend, sind ausgeschöpft. Die Argumente der Befürworter des „Rechts“ auf Abtreibung lassen sich letztendlich auf zwei Axiome reduzieren: 1) der Embryo ist noch keine Person, sondern nur eine Art Haufen lebender Zellen; 2) jede Frau hat das Recht, über ihren Körper zu entscheiden, einschließlich dessen, was in ihr gezeugt wurde.

Dieser zweiten Behauptung widersprechen diejenigen, die für die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens eintreten, mit der vernünftigen Feststellung, dass „der Körper des Kindes nicht der Körper der Frau ist“. Selbst wenn eine Frau das Recht hätte, über ihren Körper zu entscheiden, kann sie also nicht über etwas entscheiden, das sein eigenes Leben hat, auch wenn es während der gesamten Schwangerschaft ein Leben in vollständiger Abhängigkeit von dem Körper ist, der es beherbergt. Außerdem ist das Kind auch nach der Geburt noch mehrere Jahre lang von denjenigen abhängig, die dazu verpflichtet sind, es aufzuziehen. Warum sollte nach dieser Logik nicht jede Mutter das Recht haben zu entscheiden, was sie mit ihrer Zeit, ihrem Geld, ihrem Essen, ihrer Wohnung usw. tut? Könnte sie in diesem Fall ihr Kind von nur wenigen Jahren aus ihrem Haus entfernen und es so lange allein lassen, bis es stirbt? Warum sollte sie nicht dieses Recht haben, so wie sie das Recht hat, aus ihrem Körper – und nicht aus ihrer Wohnung – dasjenige, das darin gezeugt wurde, zu entfernen?

Es ist jedem logisch denkenden Menschen klar, dass das Recht auf Abtreibung nicht auf einer solchen Überlegung beruhen kann. Es ist nicht wie das Ziehen eines Zahnes oder die chirurgische Entfernung eines Blinddarms. Die Tatsache, dass der als Embryo bezeichnete winzige Mensch nicht Teil des Körpers der Frau ist, wird durch die Entwicklung bestätigt, die er durchmacht, wenn er richtig geschützt, untergebracht und ernährt wird. Weder der Zahn noch der Blinddarm, noch irgendein anderer Teil unseres Körpers, was auch immer es sein mag, durchläuft eine solche Entwicklung (hin zu einer Person), selbst wenn wir tausend Jahre lebten.

Es liegt auf der Hand, dass die Diskussion über dieses Thema äußerst komplex ist. Zunächst einmal muss festgestellt werden, welche Bedingungen etwas erfüllen muss, um jemand zu werden – d.h., damit dieses „Produkt der Empfängnis“ (wie der Embryo bezeichnet wird), eine menschliche Person oder, kurz gesagt, Mensch werden kann. Dabei werden in der Regel Kriterien wie Unabhängigkeit, die Fähigkeit zu denken und zu kommunizieren sowie der Besitz eines voll ausgebildeten Körpers berücksichtigt, und indem festgestellt wird, dass der Embryo diese Bedingungen nicht erfüllt, wird der Schluss gezogen, dass er keine menschliche Person sei. Zumindest noch nicht. Diese Kriterien werden aber auch von einigen Menschen mit schweren Behinderungen, die sowohl den Körper als auch den Geist betreffen, nicht erfüllt. Was soll man daraus ableiten: dass sie keine Menschen mehr sind und eingeschläfert werden können? Offensichtlich nicht. Im Gegenteil, diese Menschen (sollten) von einer besonderen Behandlung profitieren, einer besonderen Fürsorge der Gesellschaft, und mit einer Würde ausgestattet sein, die jedem Menschen zustehen sollte.

Folgt man hingegen der Logik derjenigen, die glauben, dass der Embryo, der Fötus oder – nach einigen Stimmen – sogar das Neugeborene noch keine menschlichen Personen sind, so ergibt sich – so glaube ich – ein unüberwindbares Problem, das zwei Fragen aufwirft: 1) ab welchem Moment genau kann das Kind als Person bezeichnet werden; 2) wie geschieht dies? Selbst die eifrigsten Befürworter des Abtreibungsrechts müssen zugeben, dass wir bei einer solchen Sichtweise einen gewaltigen Sprung vom Tierreich (das Kind ist in ihrem Verständnis eine Art „kleines Tier“) zur menschlichen Spezies machen würden. Und wenn man zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter bestimmten Bedingungen ein Mensch wird, verliert man dann nicht auch seine Persönlichkeit, wenn diese Bedingungen nicht mehr erfüllt sind? Kann man sagen, dass ein Mensch, der ins Koma gefallen ist, für die Zeit, in der er an die medizinischen Geräte angeschlossen ist, nicht mehr als Person betrachtet werden sollte? Die menschliche Person drückt sich durch ihren Körper und ihre Seele aus. Die Tatsache, dass es Zeiten gibt, in denen sie dies nicht (mehr) kann, bedeutet nicht, dass sie ihre Persönlichkeit verloren hat, die sie später eventuell wiedererlangen kann... So wirft die Sichtweise der Befürworter des Rechts auf Abtreibung, anstatt die Dinge zu klären, unendlich viel mehr Probleme auf, als man denjenigen zuschreiben könnte, die das Recht auf Leben des Menschen ab dem Zeitpunkt der Empfängnis (unabhängig vom Entwicklungsstadium seines Körpers) unterstützen.

Im Laufe meines Lebens habe ich viele Argumente derjenigen zur Kenntnis genommen, die sich entschieden haben, die Abtreibung zu unterstützen (oder im Falle einiger Frauen sogar für die Durchführung einer Abtreibung). Was mich am meisten verwunderte, war, dass einige Menschen keinen Widerspruch zwischen der Unterstützung der Abtreibung und dem Glauben an den christlichen Gott sahen. Es geht nicht nur darum, dass sie ihre Haltung nicht als verbrecherisch ansahen (und Mord/Abtreibung ist eine abscheuliche Sünde). Aber ihnen war nicht bewusst, dass der Sohn Gottes selbst, die zweite Person der Heiligen Dreiheit, Mensch geworden ist und neun Monate lang als Mensch im Schoß der Mutter Gottes heranwuchs. Allein aus dieser Tatsache kann ein Christ leicht ableiten, dass das, was sich in der Gebärmutter einer Frau befindet, weder ein „Zellhaufen“ noch nur irgendeine Art lebendiger Organismus sein kann. Wenn er wirklich glaubt, dass Jesus Christus wahrer Gott und wahrer Mensch ist, dann glaubt er auch, dass er nicht nur vor seiner Fleischwerdung eine Person war, sondern auch nach der Verkündigung, als die Jungfrau Maria, nachdem sie zum Erzengel Gabriel das Wort des Heils für die Menschheit gesprochen hatte: „Mir geschehe nach deinem Wort“, in ihrem Schoß mit „der Kraft des Höchsten“ (vgl. Lk 1,35 und 38) ein göttliches Kind und nicht eine noch undefinierte Ansammlung von Zellen geboren wurde. Der Sohn Gottes nahm in diesem Augenblick die menschliche Natur an, d.h. den menschlichen Leib und die menschliche Seele. Die christliche Sichtweise steht also in augenscheinlichem Widerspruch zu derjenigen der Befürworter des Rechts auf Abtreibung. Manche sehen diesen Widerspruch jedoch nicht nur nicht, sondern suchen sogar nach biblischen Gründen, um ihre Sünde zu rechtfertigen – sei es Abtreibung, Homosexualität, Unzucht oder anderes.

Der erste Schritt wäre also genau dies: entweder den christlichen Glauben vollkommen anzunehmen oder zu akzeptieren, dass wir uns außerhalb des Willens Gottes befinden, wenn wir zu kriminellen Handlungen wie der Abtreibung greifen. Auch nach zweitausend Jahren haben wir nicht verstanden, dass wir nicht gleichzeitig bei Gott und beim Mammon sein können (vgl. Matthäus 6,24; Lukas 16,13). Wir betrügen nicht nur uns selbst, wenn wir etwas anderes glauben, sondern fügen auch anderen großen Schaden zu, nämlich unschuldigen Seelen, die in den Leibern derer getötet wurden, die ihnen Liebe und Schutz hätten geben sollen. Ich habe irgendwo gehört, dass der Mutterleib statistisch gesehen zum gefährlichsten Ort der Welt geworden ist. Aber können wir diejenige, die sich für eine Abtreibung entschieden hat, noch mit diesem süßen Wort – Mutter – bezeichnen? Ich glaube schon. Eine solche Frau ist immer noch eine Mutter, selbst wenn sie alle Kinder, die im Laufe der Zeit in ihrem Leib gezeugt wurden, abtreibt. Denn „eine Abtreibung macht sie nicht »unschwanger«, sondern zur Mutter eines toten Kindes“. Oder den Mann zum Vater eines toten Kindes, denn es gibt viele Männer, die zu einer Abtreibung anstiften. Diese Worte fassen auf tragische Weise eine Plage zusammen, die die Menschheit zunehmend zu ergreifen scheint – die Tötung von Babys. Es liegt an jedem von uns, diese Plage auszurotten.

Quelle:

Ersterscheinung in rumänischer Sprache: https://doxologia.ro/puncte-de-vedere/un-avort-nu-te-face-neinsarcinata-ci-mama-unui-copil-mort

Priester Constantin Sturzu

Der Autor ist Berater des Bereichs Kommunikation und Public Relations der Erzdiözese von Iaşi und Sprecher der Metropolie von Moldawien und der Bukowina. Er ist Doktor der Philosophie, Autor zahlreicher Zeitschriftenartikel und Produzent von Radio- und Fernsehsendungen.

„Eine Abtreibung macht dich nicht unschwanger, sondern zur Mutter eines toten Kindes“