Die Große Fastenzeit, von Erzpriester Alexander Schmemann, Vorwort:

Vorwort des Verfassers Diese kurze Darlegung der Großen Fastenzeit ist für all jene - und das sind in unseren Tagen viele - geschrieben, die ein besseres Verständnis der liturgischen Tradition der Kirche und eine bewusstere Teilnahme an ihrem Leben anstreben.

Die Umkehr in Reue ist, wie wir wissen, der Beginn und die Bedingung für ein wahrhaft christliches Leben. Das erste Wort Christi, mit dem er seine Verkündigung begann, lautete: »Kehrt um!« (Mt 4,17). Aber was bedeutet diese Umkehr in Reue? In der Hetze unseres Alltagslebens finden wir keine Zeit, darüber nachzudenken, und wir lassen uns ganz einfach zu dem Schluss verleiten, dass all das, was wir während der Fastenzeit tun müssen, nur darin bestünde, uns bestimmter Speisen zu enthalten, unsere »Vergnügungen« einzuschränken, zur Beichte zu gehen, um von einem Priester die Lossprechung zu erlangen, die heilige Kommunion (einmal im Verlauf des Jahres!) zu empfangen und uns sodann als völlig »in der Ordnung stehend« bis zum folgenden Jahr zu wähnen. Es muss jedoch einen besonderen Grund haben, dass die Kirche diese sieben Wochen als eine besondere Zeit für die Buße bestimmt hat und dass sie uns zu einer langanhaltenden spirituellen Anstrengung aufruft. All dies soll sicherlich mich, meinen Glauben, mein Leben und meine Mitgliedschaft in der Kirche angehen. Besteht also meine erste Pflicht nicht darin, die Lehre meiner Kirche über die Fastenzeit zu verstehen und zu versuchen, ein orthodoxer Christ nicht nur dem Namen nach, sondern auch gerade im Lebensvollzug zu sein?

Auf die Fragen: Was ist Umkehr in Reue? Warum haben wir sie nötig? Wie können wir sie vollziehen? gibt die Große Fastenzeit die Antwort. Sie ist wahrhaft eine Schule der Umkehr, in die jeder Christ jedes Jahr gehen muss, um seinen Glauben zu vertiefen, sein Leben neu zu überdenken und um es, so weit wie möglich, zu ändern. Es ist eine wunderbare Pilgerfahrt zu den eigentlichen Quellen des orthodoxen Glaubens, eine Wiederentdeckung der orthodoxen Lebensweise.

Durch die Gestalt und den Geist ihrer Fastenliturgie bringt uns die Kirche den Sinn dieser einzigartigen Zeit nahe. Diese kurze Erläuterung der Fastenzeit hat deshalb hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich, die Fastengottesdienste zur Grundlage. Meine Hoffnung geht dahin, dass der Leser für sich selbst entdecken kann, dass es in dieser Welt nichts gibt, was so herrlich und tiefgehend, so mit Geist erfüllt und somit Geist erfüllend ist wie das, was uns die Kirche als unsere Mutter offenbart und uns freizügig schenkt, sobald wir in die gesegnete Zeit des »Fasten-Frühlings« eingetreten sind.

(Mit freundlicher Genehmigung des EOS-Verlages)