ZWISCHEN BYZANZ UND RUSSLAND︱PORTRÄT EINER IKONENMALERIN
Von Michael Diterichs
Aus: CRISIS - Ausgabe 7
Von Michael Diterichs
Aus: CRISIS - Ausgabe 7
Photis Kontoglou
I n der kleinen Ikonenwerkstatt von Tamara Sikojev hängt eine postkartengroße einfarbige Kopie einer Christus-Ikone von der Hand ihres großen Vorbildes und steten geistigen Begleiters, des griechischen Ikonenmalers, Schriftstellers, Hagiographen und Erneuerers der byzantinischen Ikonographie Photis Kontoglou (1895–1965). Sie sagt: „Kontoglou ist mehr als nur ein Vorbild oder Lehrer für mich; er ist mein lebenslanger Begleiter und meine persönliche Orientierung in der Ikonenmalerei.“ Über ihrem Arbeitstisch befindet sich darüber hinaus ein Porträtphoto des Künstlers mit einer Inschrift. Ebenfalls erhalten im Nachlass ihres Vaters Ilija Rouart (1902–1995) sind Briefe Kontoglous sowie kleinere Originalhandschriften und theologische Traktate auf Griechisch und Französisch, welche aus dem langjährigen Briefwechsel des in Frankreich geborenen und in der russischen orthodoxen Kirche von Paris getauften Alain mit seinem bewunderten griechischen Freund stammten. Konvertiten aus dem Katholizismus waren zwischen den Kriegen und nach dem Zweiten Weltkrieg selten. In Griechenland war die Auseinandersetzung mit dem Ökumenismus und dem ungeliebten „neuen“ Kalender noch im vollen Gange. Der Dialog war also für beide Seiten von geistigem Nutzen und Reiz. Die spirituelle Tiefe, geistige Gebetserfahrung und künstlerische Größe des griechischen Künstlers sind jedoch auch heute noch leicht zu bestimmen, die menschliche Wärme die zwischen den beiden erwächst, hat später weitreichende Bedeutung für den Lebensweg der Ikonenmalerin.
Die Familie
Alain Rouart selber war Autodidakt, gelernter Bibliothekar und ein Enkel des Impressionisten und Kunstsammlers Henri Rouart, eines Freundes Renoirs. Pierre-Auguste Renoir (1841–1919) selber hat Tamara Sikojevs Großmutter Christine Rouart (geb. Lerolle) mehrfach als Kind und Jugendliche porträtiert. Den II. Weltkrieg überlebte Alain Rouart fern der Front als Einsiedler und Fischer in der Normandie. Nach seiner Taufe in St. Serge lernte er – ebenfalls in Paris – seine künftige Frau, die Physikerin, Kunsthandwerkerin und Töpferin Ingrid Zschille-Hartmann (1923–2020) kennen. Seine Liebe zu ihr und seine Begeisterung für die Orthodoxie führten die deutsche Nachfahrin Frankfurter Ölingenieure und Chemnitzer Maschinenbauer Jahre später ebenfalls zur Taufe – und in die Ehe mit dem orthodoxen Franzosen. Kurze Zeit später 1960, wird ihre einzige Tochter Tamara geboren und wie ihre Eltern in Paris getauft, der junge Russe Igor Dulgov wird ihr Taufpate. Dieser wird im selben Jahr zum Diakon geweiht und beschließt seinen Lebensweg über vierzig Jahre später als Erzbischof Seraphim von Brüssel.
Mit der kleinen Rente des Vaters und einer nahezu genauso kleinen Erbschaft ausgestattet, zieht die Familie bald darauf in das idyllische Dorf Chainq in der Bourgogne, der Heimat des Chablis, Ende der sechziger Jahre noch vollständig geprägt vom Lebensrhythmus und der Kultur hart arbeitender Bauern und traditioneller Winzern, von Landwirtschaft und Handwerk. Tamara besucht die Grundschule von Neuvy-Sautour, später das Lyzeum.
Ihre freie Zeit verbringt sie auf dem benachbarten Bauernhof, wo bereits die Kinder bei der Feldarbeit und auf dem Hof anpacken – oder in der Töpferwerkstatt ihrer Mutter. Das kirchliche Leben bestimmt sich durch die Gebetslesungen zu Hause, auch am Sonntag. Von besonderer Festlichkeit sind daher die seltenen aber regelmäßigen Reisen zu den Gottesdiensten im orthodoxen Frauenkloster in Bussy-en-Othe und bald darauf dauerhaft in das Frauenkloster der Russischen Orthodoxen Auslandskirche in Lesna bei Paris.
Diese Klostergemeinschaft stand einst in Russland unter der geistlichen Führung des Hl. Amvrosij von Optina und des Hl. Johannes von Kronstadt. 1917 musste die Schwesternschaft nach Bessarabien fliehen, 1920 nach Serbien und schließlich 1950 nach Frankreich. Die vierte Äbtissin (1976–1987) des Klosters, Mutter Magdalena (Grabbe), eine Verwandte des russischen Philosophen Chomjakov und eine geistige Schülerin des ersten Ersthierarchen der ROCOR, Metropolit Antonij Chrapovizkij, wird dort bald zur verehrten Ansprechpartnerin Tamaras. Dieses geistige Verhältnis überdauerte die Übersiedlung der Familie Rouart nach Griechenland bis hin zu Tamaras Rückkehr nach Paris Weihnachten 1983 und endet erst mit dem Entschlafen der geliebten Äbtissin 1987.
Griechenland
Der Traum der Rouarts, einst in einem orthodoxen Land zu leben, wird durch den Briefdialog mit Kontoglou immer mehr bestärkt. Der frühe Tod des griechischen Freundes hält das Ehepaar 1976 nicht von ihrem Umzug nach Thessaloniki ab. Das Häuschen in Cainq wird verkauft und man reist zeitgemäß in die Fremde – in einem alten Opel. Keiner der Auswanderer spricht griechisch – so übernimmt die 16-jährige die wichtigsten Aufgaben: Wohnungssuche, Ämter- und Behördengänge. Bevor sie sich im Gymnasium anmeldet, besucht sie an der Universität Thessaloniki einen Intensivkurs für Griechisch. Nach sechs Monaten beherrscht sie die ungewohnte Sprache bereits gut, Voraussetzung für die folgenden Schuljahre bis zum griechischen Abitur 1979. Unvergessene Erschütterung und Erinnerung aus jener Zeit: das große Erdbeben von 1977, welches zehntausende Häuser beschädigte und Dutzende Todesopfer forderte – Anlass für die Familie, nach Nea Michaniona unweit von Thessaloniki umzuziehen.
Dort wird eine kleine altkalendarische Gemeinde zur kirchlichen Heimat. Betreut wird sie von einem geistigen Schüler des Hl. Iosif des Hesychasten vom Berg Athos, der auch der Beichtvater eines kleinen weit entfernten Frauenklosters auf der Insel Inoussa bei Chios ist. Dorthin, zum Hl. Evangelismos-Kloster, reist Tamara Sikojev bald regelmäßig mit dem Segen der Äbtissin Maria (Pateras) und dort findet sie in der Ikonenwerkstatt unter der Leitung der Ikonenmalerin Mutter Evgeniki ihre erste Lehrerin und – ihre lebenslange Bestimmung.
Sie erinnert sich: „Die Schwestern der Ikonenwerkstatt hatten – im Gegensatz zu mir – alle eine universitäre künstlerische Ausbildung, ihre Meisterschaft in der Zeichnung und der technischen Sauberkeit habe ich bis heute nicht erreicht. Doch die Tradition der Ikonographie, die kanonischen Regeln, die Disziplin, das Gefühl für die theologische Tiefe und Wahrheit und die Liebe zur Komposition und Farbharmonie habe ich von Mutter Evgeniki und ihren Schwestern vermittelt bekommen. Dazu gehörte auch das Wissen um die kirchliche Verantwortung, den Sinn der ikonographischen Tradition und Sprache und ganz allgemein die Grundlagen einer kirchlichen orthodoxen Ästhetik. Meine Lehrerin war äußerst streng zu mir, sowohl in der Ikonenwerkstatt wie auch in der Praxis der Klostergemeinschaft. Über Monate und Jahre war es mir nur gestattet, Pflanzen, Tiere und Architektur im ikonographischen Stil zu zeichnen. Mir schien es dauerte ewig, bis ich den Segen erhielt, mit der Arbeit an meinen ersten Ikonen zu beginnen, der Hl. Großmärtyrerin Paraskeva und einer Christusikone „I àkra Tapeinosis“ (dt.: Die äußerste Demut).
Zurück in Paris
Doch 1983 wird auch zum Jahr einer kirchlichen Krise: die Abgeschiedenheit der altkalendarischen Gemeinde, ihre Abgeschnittenheit von der Gesamtorthodoxie trotz ihrer formalen Zugehörigkeit zur Russischen Auslandskirche, veranlasst die junge Ikonenmalerin zu ihren geistlichen Wurzeln zurückzukehren. Sie verlässt Griechenland Richtung Paris. Besuche im Kloster Lesna und die Gespräche mit Äbtissin Magdalena (Grabbe) bestärken sie in dieser Entscheidung. Ein Jahr später folgen die Eltern nach. Sie wird Mitglied in einer kleinen Pariser Ikonographie-Gesellschaft von russischen Emigranten, es folgen erste Aufträge und Ausstellungen. Der mondäne Geist der alten Pariser Emigration stört sie eher, dafür entschädigt sie jedoch die große und lebendige Gemeinschaft der orthodoxen Jugend der russischen Gemeinden, gemeinsame Pilgerreisen und die Fahrten nach Lesna zu Mutter Magdalena, Klosterdienste mit den geliebten Nonnen Angelina und Katharina, russische orthodoxe Gottesdienste sowie die Treffen mit den Pariser Geistlichen der Auslandskirche u.a. Vater Igor (Dulgov) sowie mit Erzbischof Antonij (Bartoschevitsch) von Genf und Westeuropa.
München
„Vater Igor war es auch, der 1987 für meinen Umzug nach München verantwortlich war: der Gemeindeälteste der Münchener Gemeinde kannte meinen Taufpaten und bat ihn um Hilfe bei der Ausgestaltung der Münchener Kathedralkirche des Hl. Nikolaus, die sich seit dem II. Weltkrieg im Zentrum der Stadt in einer ehemaligen Markthalle neben der Salvatorkirche befand. So reiste ich nach Bayern, in stiller Vorfreude aber auch voller Sorgen über die bevorstehende erste große Arbeit und die damit verbundene Verantwortung. Ich war mir sicher, nach einem halben Jahr nach Paris zurückzukehren. Es sollte anders kommen.“ Denn dort, während der Arbeit an den großen Wandikonen, in der Kathedrale am Salvatorplatz, lernte Tamara ihren künftigen Mann André Sikojev kennen. „Mein Mann studierte damals orthodoxe Theologie und Slawistik und gehörte zu einer Gruppe junger Studenten, die sich um Bischof Mark von Berlin und Deutschland und die Bruderschaft des Hl. Hiob-Klosters in Obermenzing sammelten.“ Sie wurden 1988 in der Hl. Nikolaus-Kathedralkirche getraut.
Christus-Ikone „Die äußerste Demut“ (1984, 12x12 cm)
„Die Hll. Apostel Petrus und Andreas beim Fischen“, Miniatur zum Heiligen Evangelium
Vier metergroße Tafelikonen - die Deisis, die Hll. Russlands, die Hll. Neomärtyrer und das Entschlafen der Gottesmutter – wurden bis 1988 zum Jubiläum der 1000-jährigen Taufe Russlands für die Hl. Nikolaus-Kathedrale fertiggestellt. Diese Ikonen begleiteten die Gemeinde 1994 auch bei ihrem Umzug in die neue Kathedralkirche in der Lincolnstrasse, wo sie bis zur Vollendung der Ausmalung der Kathedrale der Hll. Neomärtyrer und Bekenner Russlands im Jahr 2017 verblieben. Die Gottesmutter-Entschlafen-Ikone schmückt heute eine Seitenwand der Münchener Trapeza, die übrigen drei Ikonen befinden sich im Altar und Kirchenraum der Hl. Nikolaus-Gemeinde in Landshut.
Erzbischof Antonij von Genf verfolgte den Lebensweg „seiner“ Pariser Ikonenmalerin auch weiterhin und beauftragte sie kurze Zeit später mit der Ausarbeitung und Fertigung einer völlig neuen Ikone „Aller Heiligen Russlands“ – welche erstmals in der Ikonographie Hll. Neomärtyrer und Bekenner Russlands einschließen sollte. Er segnete schließlich die auf den Kanones der entsprechenden Gottesdienste aufgebaute Komposition der neuen Ikone. Auf die Einladung des Genfer Hierarchen hin reiste Sikojev zu den Festlichkeiten der ROCOR zum 1000-jährigen Taufjubiläum nach New York und speziell in das Dreieinigkeitskloster von Jordanville, um von dem ältesten lebenden und bekanntesten „Ikonenmaler des Auslands“, Archimandrit Kyprian (Pyzhov), den Segen für diese große Arbeit zu erhalten und um seine Gebete zu bitten. Die so entstandene Ikone befindet sich heute in Paris und in Kopie in der Genfer Kathedrale der Russischen Auslandskirche.
Technik und Wesen der Ikonographie
Die Verbindung zu ihrer ersten Lehrerin Mutter Evgeniki ließ Tamara Sikojev nie abreißen. Eine der wertvollsten Früchte ihrer griechischen Studien auf der Insel Inoussa war der Umstand, dass die strenge Schule der Klosterwerkstatt sie an die Traditionen der byzantinischen und später kirchenslawischen Miniaturtechnik und Buchgestaltung herangeführt hatte. „Was lag näher als sich – unter dem zeitweiligen Verbot meiner Lehrerin, die Heiligen selbst zu malen – der Szenengestaltung, der Architektur und den Heiligenleben zu widmen.“ So entstanden bis heute hunderte orthodoxe Miniaturen zum Alten und Neuen Testament, zu Festen des Kirchenjahres und viele Jahre später – die Illustrationen zu Aufzeichnungen eines russischen Pilgers und eine vollständige Illustration des Psalters im Auftrag von Priestermönch Avraami (Orlov) und der Bruderschaft des Hl. Modest auf dem Athos. In München war dieser weltweit kaum noch zu findenden Kunst insbesondere der spätere Erzbischof Agapit (Gorachek) von Stuttgart (+2020) zugetan, der als langjähriger Leiter der Klosterdruckerei der Hiob-Bruderschaft bei ihr immer wieder kleinere Arbeiten anfragte: so auch das Logo des Klosterverlages und andere Buchgestaltungen.
1997 beginnt die Ikonenmalerin mit dem Segen S.E. des Erzbischof Mark (Dr. Arndt) die Arbeit an der Seitenkapelle der Kathedrale, die dem Hl. Nikolaus von Myra geweiht ist. Geplant sind die vollständige Ausmalung der Wände (Fresken) sowie große Ikonen der ebenfalls neuen (geschnitzten) Ikonostase der Kapelle. Für die Ikonostase der Kathedralkirche selbst wurde von ihr bereits in den Jahren zuvor eine neue Königstür gemalt, weitere zentrale Ikonen sowie eine Ikone zum Fest der Übertragung der Gebeine des Hl. Nikolaus, gemeinsam mit denjenigen Heiligen Russlands, die besonders mit der Geschichte der Russischen Auslandskirche verbunden sind.
Von spezifischer Herausforderung für Tamara Sikojev war der Umstand, dass die (alten und übernommenen) Ikonen der Ikonostase selbst mit den meisterlichen Ikonen von Nikolaj Schelechov (1912–1981) ausgestattet waren, eines herausragenden Ikonenmalers der russischen Emigration und wichtigen Erneuerers der traditionellen russischen ikonographischen Techniken in Bulgarien und Deutschland. Die Königstür wiederum für die Kapelle des Hl. Nikolaj war ebenfalls eine Arbeit Schelechows, die wiederum für die Kathedrale zu klein war – jedoch ideal in die kleinere Ikonostase der Kapelle passte. „Nikolaj Schelechow war zwar auch ein Autodidakt, aber – im Gegensatz zu mir – ein großer Meister sowohl der Zeichnung, der Farbgebung und nicht zuletzt der Technik. All das fehlte mir und es gab tausende Gründe an dieser Herausforderung zu scheitern. Ohne die beständige Ermutigung und Gebete von Bischof Mark, die jahrelange Begleitung durch unseren Gemeindepriester Nikolaj Artemoff, den erfahrenen und professionellen Rat des Abts Evfimij (Logvinov) sel. Angedenkens aus dem Münchener Hiob-Kloster sowie die stets kritische Hilfe und tagtägliche Unterstützung meines Mannes wäre diese Arbeit sicher niemals vollendet worden.“
Tamara Sikojev liebt es nicht zu theoretisieren, ist kein Freund vieler Worte. Befragt nach dem Wesen der Ikonographie, sagt sie: „Ikonenmalerei ist eine universale Tätigkeit. Nicht jedoch dank der Person des Ikonenmalers, sondern dank seines kirchlichen Auftrags, seiner Verantwortung. Ikonographie ist wie Dolmetschen von einer Sprache in eine andere: von der Ewigkeit in die Zeit, aus dem Himmel auf die Erde, vom Gestern in die Zukunft. Sie ist, mit den Worten des Apostels gesprochen: Übersetzung des Evangeliums, der Kirchengeschichte, der Heiligenleben. Darin unterscheidet sie sich von allen anderen gestaltenden Künsten. Sie ist kirchliches Schreiben, Handwerk - nicht Kunst im westlichen Sinne des Wortes. Der Ikonenmaler ist zuerst ein Diener des Wortes, der Heiligen Schrift und Überlieferung. Darin liegt der Segen dieser Arbeit – und seine Mühen.“
Im Jahr 2000 zog die Familie nach Berlin. Für ihre dortige Gemeinde der „Schutz der Gottesmutter-Kirche“ stiftete die Ikonenmalerin im Laufe der Jahre bis zum heutigen Tag zahlreiche Ikonen, so die vier Hll. Evangelisten für die Ikonostase, den Hl. Großmärtyrer Georgij für den Altar, die Kreuzigung und Beweinung Christi, die Hl. Großfürstin und Neo-Märtyrerin Elisabeth, die Auferstehung des Lazarus und andere Arbeiten.
Ihre Ikonen befinden sich in Paris, Vevey, München, Genf, Kopenhagen, Hamburg und Berlin.
Von spezifischer Herausforderung für Tamara Sikojev war der Umstand, dass die (alten und übernommenen) Ikonen der Ikonostase selbst mit den meisterlichen Ikonen von Nikolaj Schelechov (1912–1981) ausgestattet waren, eines herausragenden Ikonenmalers der russischen Emigration und wichtigen Erneuerers der traditionellen russischen ikonographischen Techniken in Bulgarien und Deutschland. Die Königstür wiederum für die Kapelle des Hl. Nikolaj war ebenfalls eine Arbeit Schelechows, die wiederum für die Kathedrale zu klein war – jedoch ideal in die kleinere Ikonostase der Kapelle passte. „Nikolaj Schelechow war zwar auch ein Autodidakt, aber – im Gegensatz zu mir – ein großer Meister sowohl der Zeichnung, der Farbgebung und nicht zuletzt der Technik. All das fehlte mir und es gab tausende Gründe an dieser Herausforderung zu scheitern. Ohne die beständige Ermutigung und Gebete von Bischof Mark, die jahrelange Begleitung durch unseren Gemeindepriester Nikolaj Artemoff, den erfahrenen und professionellen Rat des Abts Evfimij (Logvinov) sel. Angedenkens aus dem Münchener Hiob-Kloster sowie die stets kritische Hilfe und tagtägliche Unterstützung meines Mannes wäre diese Arbeit sicher niemals vollendet worden.“
Tamara Sikojev liebt es nicht zu theoretisieren, ist kein Freund vieler Worte. Befragt nach dem Wesen der Ikonographie, sagt sie: „Ikonenmalerei ist eine universale Tätigkeit. Nicht jedoch dank der Person des Ikonenmalers, sondern dank seines kirchlichen Auftrags, seiner Verantwortung. Ikonographie ist wie Dolmetschen von einer Sprache in eine andere: von der Ewigkeit in die Zeit, aus dem Himmel auf die Erde, vom Gestern in die Zukunft. Sie ist, mit den Worten des Apostels gesprochen: Übersetzung des Evangeliums, der Kirchengeschichte, der Heiligenleben. Darin unterscheidet sie sich von allen anderen gestaltenden Künsten. Sie ist kirchliches Schreiben, Handwerk - nicht Kunst im westlichen Sinne des Wortes. Der Ikonenmaler ist zuerst ein Diener des Wortes, der Heiligen Schrift und Überlieferung. Darin liegt der Segen dieser Arbeit – und seine Mühen.“
Im Jahr 2000 zog die Familie nach Berlin. Für ihre dortige Gemeinde der „Schutz der Gottesmutter-Kirche“ stiftete die Ikonenmalerin im Laufe der Jahre bis zum heutigen Tag zahlreiche Ikonen, so die vier Hll. Evangelisten für die Ikonostase, den Hl. Großmärtyrer Georgij für den Altar, die Kreuzigung und Beweinung Christi, die Hl. Großfürstin und Neo-Märtyrerin Elisabeth, die Auferstehung des Lazarus und andere Arbeiten.
Ihre Ikonen befinden sich in Paris, Vevey, München, Genf, Kopenhagen, Hamburg und Berlin.
Tamara Sikojev, geb. Rouart,
Ikonenmalerin: Fresken, Ikonen, Miniaturen, geb. 1960 in Paris, lebt und arbeitet bei Berlin, verheiratet mit Erzpriester André Sikojev, zwei Kinder.
Kontakt: tamara.sikojev@gmail.com